Bevor wir gleich wieder Richtung Rennstrecke fahren, schaffe ich es hoffentlich, den Nachbericht zu dem Sonntag auf den gelben Bergen zu schreiben.
Wir wollten unbedingt den Sonnenaufgang sehen und haben das alles bis auf die Minute getimed. Um 4:30 aufstehen, kurz nach 5 aus dem Zimmer und dann aufsteigen zu einem der drei Sonnenaufgangspunkte in Hotelnähe. Der Regen, der mal für die Nacht angekündigt war, hatte sich offensichtlich auch verzogen und so schafften wir es, kurz vor dem großen Ansturm, noch einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Keine Minute zu früh, wie sich zeigte, denn kurz darauf wurde es immer voller und voller.
Die Leute spielten Musik von ihren Handys, sangen laut oder fotografierten die ersten Lichtschimmer – mit Blitz (manchmal hatte ich 4-5 Bilder in einer Reihe, die komplett „hinüber“ waren, nur weil ein paar Leute das Prinzip fotografieren nicht verstanden haben… Leider ist unser Chinesisch zu schlecht, um ihnen erklären zu können, wie man in solchen Lichtverhältnissen ein Bild macht). Unsere superguten Plätze in der ersten Reihe trösteten uns allerdings mehr wie darüber hinweg, dass es wieder nicht die „Alpenstimmung“ war – sondern eher türkischer Basar.
Was ich auf der anderen Seite wiederum sehr charmant fand, war die Reaktion der ganzen Leute auf den Sonnenaufgang. Es war jetzt nicht mein erster Sonnenaufgang, auch nicht der erste vor so spektakulärer Kulisse. Es war schön, keine Frage, aber die Reaktion die von dem Kolletiv hinter uns kam wäre mir im Traum nicht in den Sinn gekommen. Als sich die goldene Scheibe zwischen den Wolkenwänden durch den kleinen Schlitz vor unserem Antlitz in die Himmel schon, war plötzlich Jubelstimmung. Die Leute haben quasi Hurra gerufen und Beifall geklatscht. Das war sehr schön – und eine gute Lektion im Bereich „Dinge nicht für selbstverständlich nehmen“ – auch nicht wenn es täglich auftretende Naturspektakel sind. Nicht jeder hat die Privilegien, die wir haben.
Nach einem äußerst chinesischen Frühstück im Hotel (ich fand es gar nicht so schlimm, aber ich muss auch fairer Weise dazu sagen, dass ich da hart im nehmen bin. Nur im Vergleich zum Abendessen war die Zubereitung leider dürftig. Baozi und Dampfnudeln bekommt man hier morgens an jeder Ecke und ich esse sie auch wirklich gerne – aber die waren einfach nur geschmacksbefreit) stand die Entscheidung an: höchster Gipfel oder Fairy Walking Bridge (ein Brückchen zwischen Felsnadeln, von dem wir dachten, dass wir es am Vortag schon aus der Ferne gesehen hatten). Der Gipfel läge – wenn noch Kraft wäre – auf dem Rückweg, also zu Zweiterem entschieden und los gegangen (wie sich abends herausstellen sollte, hatten wir nur richtige Entscheidungen über das ganze Wochenende – oder einfach viel Glück).
Auf dem Weg zu und von der Fairy Walking Bridge sind uns über die Zeitspanne von drei Stunden ca 10 Menschen begegnet. In China! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Drei Stunden – klar kann ich mich am Sonntag zu Hause an meinen Tisch setzen und begegne keinem. Aber in schönster Natur mit bester Aussicht, beim Laufen. Da hatten wir doch ein bisschen unser Alpen-Gefühl. Die Brücke war etwas enttäuschend, es war nämlich eine andere als gedacht. Aber der Weg dahin und die Aussicht vom „most photogenic spot“ davor (etwa 300 HM höher) hat uns entschädigt. Die Euphorie, die uns im Angesicht diesen Erlebnisses erfüllt hat, kann ich nicht in Worte fassen.
Umso härter war die Rückkehr in die Realität – aber nachdem das hier schon wieder so viel Text wurde, verschiebe ich den letzten Teil der Huangshan-Saga auf morgen. Dafür noch ein paar Bilder:
Dämmerung
Gespanntes Warten unter Handymusik
Angedeutete Sonne
Applaus, Applaus
Im Licht betrachtet: Bissi was los
Wunderschön
Der beste Ausblick des Wochenendes (äh, hinter uns)
Alles Stein außer Dani
Panorama mit Stefan
Nach dem Wiederaufstieg zum fotogensten Aussichtspunkt